Das ging mächtig in die Hose. Der Auftritt des VfB Stuttgarts im Berliner Olympiastadion war insbesondere in der ersten Hälfte ein schwerer Rückschlag im Kampf um den Klassenerhalt. Denn besagter Kampf wurde vom VfB Stuttgart gar nicht erst angenommen. Passiv und tief standen die Stuttgarter gegen den Ball, was in Anbetracht des Gegners nicht nachvollziehbar ist.
In Zahlen: Kein Team der Bundesliga kassierte bisher mehr Gegentore nach Ballverlust als die Hertha. Insgesamt 27 Gegentreffer kassierte der blauweiße Club aus der Hauptstadt, wenn der Gegner nach einer Balleroberung schnell und direkt den Weg nach vorne suchte. Und der VfB? Die Stuttgarter haben ligaweit ingesamt die meisten Zweikämpfe gewonnen: 3.447 Stück. Mit 1.729 gewonnenen Duellen in des Gegners Hälfte liegen die Schwaben sogar auf Rang zwei hinter den Bayern (1.947).
Den Gegner permanent anlaufen, stressen und Zweikämpfe gewinnen, ist laut der Statistik also eine VfB-Tugend. Das muss aber gegen die direkte Konkurrenz im Tabellenkeller ab der ersten Sekunde auf den Platz gebracht werden. Nicht so gegen Hertha BSC.
Das erste Tor der alten Dame steht daher sinnbildlich für das harmlose Auftreten der VfB-Kicker. Ein langer Ball von Ito kann vom Berliner Kapitän Boyata in aller Seelenruhe angenommen werden. Der fehleranfällige Belgier hat sogar sechs Kontakte am Ball Zeit bevor er den Ball zum Nebenmann weiterleitet. Der einzige VfB-Spieler, der Druck ausübt ist Kalajdzic. Und der Österreicher regt sich sichtbar und mehrfach darüber auf, dass trotz seiner Kommandos keiner seiner Mitspieler Druck auf weitere Herthaner ausübt. So kommt es, dass der Ball problemlos nach links zum guten Flankengeber Plattenhardt kommt und der unbedrängt Davie Selke bedienen kann.
Ideenlos aus der Distanz
Zur Passivität im Verhalten gegen den Ball gesellte sich über 90 Minuten ein systematische Ideenlosigkeit mit dem Ball. Das machte sich in der Torschuss-Statistik bemerkbar. Von den zwölf Stuttgarter Schüssen wurden acht Stück aus der Ferne abgegeben. Zwar hat Hertha BSC bereits sechs Distanz-Gegentore in dieser Saison kassiert und wird diesbezüglich nur vom Tabellenletzten Fürth übertrumpft (8x), allerdings hat der VfB Stuttgart auch erst vier Tore aus der Ferne geschossen. Lediglich vier Teams trafen noch seltener aus der Distanz als der VfB.
Der Mix aus Passivität und Ideenlosigkeit darf sich gegen Wolfsburg nicht wiederholen. Stattdessen muss mit mehr Mut, Einsatz und Kreativität aufgetreten werden, um den Klassenerhalt noch zu packen. Und diese Attribute verbindet man eigentlich eher mit dem VfB als das Auftreten gegen Hertha BSC.